Besondere Tisch–Ereignisse

Coronavirus  Nachdenkliches, eine Zwischenbilanz
13.05.2020
14:28 Uhr

Coronavirus Nachdenkliches, eine Zwischenbilanz

 Wie man auch hier wieder sieht: Dahinter steckt immer ein kluger Kopf – Wikipedia
Stefan Leifert on Twitter:
Zweifellos ein kluger Kopf, der da Rodin-artig grübelt - hinterfragen kann nicht schaden selbst in einer "Stunde der Hoffnung", ob nun Mensch (malaiisch orang) oder seelenverwandter Wald-Mensch (malaiisch orang utan): 

Grübelnd:                                                                                                                           Durfte man unser gesellschaftliches und wirtschaftliches System derart 'an die Wand fahren', um eine etwa im Vergleich zur Asiatischen Grippe (30.000 Tote) oder zur kürzlichen Grippeepidemie (ca. 20.000 Tote) bisher eher kleinere Zahl an Menschenleben zu retten?

Hinterfragend:                                                                                                          Große Katastrophen mit gewaltigen Verlusten an Menschenleben durchziehen die Menschheitsgeschichte, und 'Mensch' (jedenfalls orang sapiens; Neandertaler & Co. waren weniger glücklich)  hat sie hingenommen, ertragen und in seiner großen Mehrzahl  überstanden. In gottergebenen Zeiten standen sie für Gottesstrafen für nicht-gottesfürchtiges Verhalten: Vertreibung aus dem Paradies (Code für den Sprung zum erkenntnis-fähigen homo sapiens), Sintflut, Babylon (Code für Überheblichkeit,  menschliche Hybris), Verheerungen ganzer Landstriche (Strafe für schlimme Sünden/"Sodom&Gomorrha"). Gewaltige Vulkanausbrüche, Pestilenz & Cholera, schlimme Kriege (ägyptische, sumerische Eroberungskriege, Welteroberer wie Alexander d. Gr., die Römer oder die Mongolenkhans Dschingis Khan und Amer Timur, die die Bewohner ganzer Landstriche auslöschten, die Kreuzzüge, die gewaltsame Eroberung von Süd- und Nordamerika..., 30-jähriger Krieg, Napoleonische Feldzüge, Weltkriege I und II), Tuberkulose, die Spanische Grippe mit millionenfach mehr Toten als jetzt, die Asiatische Grippe, Aids, der Tsunami vor wenigen Jahren... Nur der Einschlag eines gewaltigen Himmelskörpers, also das finale Schicksal der Dinosaurier ist uns einstweilen erspart geblieben - kann ja noch kommen irgendwann "in the year 2525 or 9595, if man is still alive".                           

Nachdenklich: Muss man wirklich so eingreifen? Um jeden Preis? Eine ganz schwierige Frage. In Deutschland, Stand jetzt, eindeutig zugunsten Ethik und Mitmenschlichkeit gelöst, so dass wir hinsichtlich Infektions- und Todeszahlen einstweilen relativ glimpflich durch die erste Phase gekommen sind, alles andere hintanstellend.

Aber andererseits: Wie hoch wären die Zahlen geworden, wenn man nichts oder wenig unternommen hätte? Und wie  wären wir mit Bildern von Lastwagen voller Toten, mit dem Leichenstau vor Krematorien, mit Massenbegräbnissen wie in Italien oder New York umgegangen, weil die Kapazitäten nicht gereicht hätten? Wie mit der Triage*), dem Abwägen, welcher Patient zuerst sterben soll?

Das läßt uns mit dem klugen Kopf oben so nachdenklich wie ängstlich weiter grübeln: Können wir auch noch mit solcher Wucht dagegen halten, wenn die 2. und die 3. Welle kommmen sollten? Oder haben wir bereits unser 'Pulver verschossen', medizinisch wie fiskalisch? Und was wäre gar, wenn wir angesichts der heutzutage raschen weltweiten Verbreitung von bedrohenden Viren alle paar Jahre mit einer ähnlichen Pandemie jeweils ohne Impfstoff konfrontiert würden? Müssen wir es spätestens dann doch so fatalistisch hinnehmen, wie am Ende des I. Weltkriegs unsere Groß-/Ur-/Ururgroßelterngeneration die Spanische Grippe?

 

*) Stichwort "Triage" (ursprünglich im Deutschen als Wirtschaftsausdruck: Trennung guter von schlechteren Warenbestandteilen), das da plötzlich auftaucht, erschreckt - die Priorisierung medizinischer Hilfeleistung bei unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten, also die ärztliche Entscheidung, welcher erkrankte Mensch gerettet, welcher ausgesondert wird. "Die Würde des Menschen ist unantastbar", rekurriert Bundestagspräsident Schäuble in diesem Zusammenhang auf Artikel 1 des Grundgesetzes, etwas kryptisch, doch zumeist so verstanden, dass nicht der absolute Schutz des Lebens jedes einzelnen vorrangig ist, sondern die interdependenten Auswirkungen auf die Gesamtheit, auf alle und alles, im Sinne dieser Menschenwürde beachtet werden müssen. Also abzuwägen, welchen Rang der Lebensschutz geniessen muss, wann bzw. an welchen anderen zu schützenden Grundrechten er seine Grenzen findet.

 

Es schlägt auch die Stunde der Verschwörungstheoretiker, die uns nun 'beweisen', wie das alles zusammenhängt, denn dümmer geht immer! Und noch dümmer allemal! Immer dann, wenn Menschen das Gefühl von Kontrollverlust haben, glauben sie tendenziell eher an Verschwörung und sehen Muster, wo keine sind“. Staatliche Verschwörung, Bill Gate's Kampagne für den Impfzwang, Weltherrschaft der Illuminati/sonstiger Geheimbünde, sogar: der Reptile, der Ewige Jude, aus dem Ruder gelaufene  Geheimdienstaktivitäten - die Corona-Krise wird zur Blütezeit für diese und andere Verschwörungstheorien von Ideologen, rechts- wie linksradikalen Verführern und vor allem Spinnern aller 'Geistes'richtungen. Diktaturangst wird von solchen heraufbeschworen, die der eigenen Meinungsdiktatur frönen, die Demokratie als grenzenlose Freiheit der eigenen Meinung ohne Rücksicht auf andere Meinungen mißverstehen. "Prominente verbreiten Verschwörungstheorien", schreibt die Rheinische Post dieser Tage, jedenfalls, wenn man die dort genannten 'Größen' des Prekär-TV, "den veganen Koch Attila Hildmann ("Bill Gates ist an allem schuld"), Tanzcoach Detlef D! Soost, Sängerin Senna Gammour, Schauspieler Til Schweiger oder  Rapper (?) Xavier Naidoo oder  den ehemaligen rbb-Journalisten Ken Jebsen" für prominent hält.

Für jene und Gleichgesinnte zum mal kritischen Nachdenken oder, je nachdem, als weitere Verschwörungsanregung noch diese Variante: Bill Gates saß am 25.12.2004 abends um 21:17:55 Uhr Ortszeit, weihnachtsgeschenklich gestresst, auf seinem Impfsessel-Prototyp an Seattles Pazifikstrand, skypte mit D. Hopp über den Neid gegenüber Milliardären im allgemeinen und die Undankbarkeit der Fußballultras im besonderen und hielt dabei seinen Föhn ins Wasser. Warum? Um mit dieser Variante der Chaos-Theorie analog zum Orkan auslösenden Flügelschlag des Schmetterlings auszuprobieren, was man mit der durch einen Föhn aufgeschwappten winzigen Welle am gegenüberliegenden asiatischen Ufer auslösen kann ("Tsunami"). Natürlich, um so indirekt dort die Menschen in die Seuchen-Impfpflicht zu treiben und daran sowie am Wiederaufbau asiatischer Küsten noch reicher zu werden.

 

 

Über ganz etwas anderes grübelnd und nachdenklich hinterfragend, auch wenn's mit Corona nur den Auslöser gemein hat: Wenn auch die Regeln des social gathering seit dieser (19.) Woche etwas gelockert sind, kommen Großveranstaltungen aller Art noch nicht wieder in Betracht. So wurden coronabedingt auch die Feierlichkeiten abgesagt, die zum 8. Mai, 75 Jahre nach Keitels Unterschrift unter die Urkunde der bedingungslosen Kapitulation, als "Tag der Befreiung" mit großer Beteiligung feierlich begangen werden sollten. Stellvertretend begingen die 5 nach der Verfassung ranghöchsten Vertreter Deutschlands in der Neuen Wache Berlin diesen Akt des Gedenkens an das hiesige Ende des Zweiten Weltkriegs.

 
Grübelnd Wieso "Tag der Befreiung"? Als Begriff für die 'alte' Bundesrepublik Alt-Bundespräsident v. Weizsäcker zugeschrieben, aber schon sehr lange vorher z.B. als kleine Gedenktafel zum Dank an die Amerikaner für die Befreiung vom Nazi-Joch in der Tordurchfahrt des Rathauses am Münchner Marienplatz zu lesen. Und in der DDR als Ablenkung, dass die Befreiung von den Nazis direkt in die nächste Unterdrückung mündete.                              
 
"Befreiung"? Ist das nicht schon begrifflich so, als Unterdrückte auf der Seite der befreienden Sieger zu stehen, statt sich als Teil einer "heillos verhetzten Nation" (George Orwell als Kriegsberichterstatter 1945) zu verstehen? Muss man nicht, um befreit zu werden, eigentlich zu den Befreiern gehören, lediglich von ausländischen Usurpatoren gefangen gehalten? Waren denn nicht vielmehr die, die damals "befreit" wurden, in ihrer großen Mehrheit keine durch das Nazi-Joch Unterdrückten, sondern überzeugte Anhänger, unkritische Mitläufer, sich mit den Gegebenheiten Abfindende, am Ende allesamt schuldig, bedingungslos geschlagene Kriegsverlierer? Damals sprach ein jeder vom "verlorenen Krieg", von "Niederlage", nicht von Befreiung und Dankbarkeit für selbige. Aus George Orwell's Beobachtungen: "... als ob sich diese Menschen entsetzlich schämten, weil sie den Krieg verloren hatten. Weil sich eine ganze Nation dem Mann zu Füßen geworfen hat, der ihr nichts als Kampf, Gefahr und Tod geboten hat". Und die Sieger nannten sich nicht Befreier, sondern, eben: Sieger -  so wie sie ihre Feiern auch noch in diesen Tagen nicht Befreiungs-, sondern Siegesfeiern nennen. Sie sahen sich natürlich als Besatzer, Um-/Rückerzieher eines zu Recht aus der internationalen Wertegemeinschaft gefallenen Volkes. Galt das römisch-universale "Vae victis!" denn nicht für alle Deutschen? Für das noch viele Jahre nach Kriegsende besiegt in (4) Besatzungszonen aufgeteilte Land? Als gerechte Strafe für hybris-geschuldete Kriegstote in nahezu jeder Familie in einem zertrümmerten Land mit kaputter Infrastruktur infolge von '1933', als die hiesige Bevölkerung diese nationalsozialistischen Landsleute gewählt oder doch zumindest hingenommen hatte, denen nicht rechtzeitig in den Arm gefallen war, die mutwillig die Katastrophe heraufbeschworen hatten? Kurz: Befreite im wahren Wortsinn gab es damals nur wenige, bedingungslos Besiegte nahezu das ganze Volk.
 
Und, nicht zu vergessen: "Befreit" in Frieden und Freiheit im Sinne der demokratischen Grundprinzipien waren ja nur die 3 West-Besatzungszonen. In der 4., der SBZ, der Sowjetischen Besatzungszone, trat lediglich eine nicht weniger mörderische, Menschen verachtende Ideologie (Stichwort: Stalins Hekatombem an Opfern) an die Stelle der anderen. Da fühlten sich in der SBZ nur wenige befreit.
Auch für die damals noch große Zahl der Kriegsgefangenen insbesondere in der Sowjetunion war der 8.  Mai 1945 wahrlich kein Tag der Befreiung, im Kopf nicht und physisch schon gar nicht! 
 
Man muss wohl alt genug sein, um diese Zeit nach dem Krieg selbst noch in einordnender Erinnerung zu haben. Und auch nicht ein starkes inneres Bedürfnis verspüren, als guter Mensch dazuzugehören zu den Guten, den Siegern, unbedingt auf der richtigen Seite stehen zu wollen. Angenehmer ist letzteres, klar, aber geschichtsvergessen.
 
Wenn wir denn einen nationalen Feiertag der Besinnung am 8. Mai in Erinnerung an das Ende in 1945 haben wollen, dann sollten wir eine andere Bezeichnung finden. Unumwunden, sprachlich unverstellt, was der 8. Mai 1945 aus deutscher wie alliierter Sicht an diesem Tag tatsächlich und einzig war: "Tag der Bedingungslosen Kapitulation"? Ohne Wenn und Aber Schlußaus mit Rassismus, Herrenmenschentum, dem "Am-deutschen-Wesen-soll-die-Welt-genesen"-Dünkel, dem "Wollt Ihr den totalen Krieg? Ja!"-Geschrei, 'Knobelbecher' statt Goethe als Erkennungszeichen einer gewesenen Kulturnation.
 
 
 

 

 
 
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